Diese Schuhe sind nicht zu retten
Wir lieben Herausforderungen, doch manchmal können auch wir ein Paar Schuhe nicht mehr retten. Dieses Paar Derby mussten wir trotz extremer Maßnahmen entsorgen.
Die Schuhe sahen auf den Bildern bereits katastrophal aus. Doch manchmal hatten wir Glück und der Pflegezustand und die Schäden entpuppten sich als harmloser, wie der erste Eindruck.
Als wir den Karton öffneten, war bereits ersichtlich, dass die Schuhe kaum noch zu retten sind. Aber auf einen Versuch wollten wir es ankommen lassen.
Die Schuhe eines renommierten englischen Herstellers sind aktuell noch im Sortiment, für stolze 690.- Euro. Bei dem Preis noch mehr ein Grund einmal Hand an die Schuhe zu legen.
Polished Leather
Bei genauerer Recherche zu den Schuhen kam das eigentliche Problem zum Vorschein. Bei dem Leder handelt es sich um „Polished Leather“. Neben vielen anderen Bezeichnungen auch als „Bookbinder“ oder „Corrected Grain“ bezeichnet.
Die Art der Lederbehandlung ist erst einmal nichts Schlechtes und bietet auch einige Vorteile. Dabei wird die Narbenschicht des Leders abgeschliffen und eine neue Deckschicht, oft Acryl oder andere Kunststoffe, mit Druck aufgebracht.
Das Leder hat einen sehr hohen Glanz, daher auch „Polished Leather“, und ist unempfindlicher gegen Nässe und Flecken. Der Glanz bleibt lange bestehen und die Schuhe brauchen wenig Pflege.
Gutes „Polished Leather“ kann seine Optik über die ganze Lebenszeit der Schuhe behalten. Die deckende Schicht verhindert aber, dass Pflegemittel das Leder erreichen. Kratzer, Abschürfungen und Gehfalten können die Oberfläche beschädigen. Ist die Oberfläche beschädigt, kommt das hellgraue Leder zum Vorschein.
Unsere Schuhe waren mit vielen Kratzern, Abschürfungen und dunklen Verfärbungen versehen. Eine farbliche Auffrischung mit einer Schuhcreme hat bei diesem Leder kein Erfolg.
Wir wollten trotzdem sehen, was unter dem ganzen Schmutz und dunklen Verfärbungen zum Vorschein kommt.
Gründliche Schuhreinigung mit Leder- und Sattelseife
Die Lederseife hat in vielen anderen Anleitungen bereits gute Dienste geleistet Leder möglichst blank zu bekommen. Die Seife ist zwar eine Tortur für das Leder und sollte nur in seltenen Fällen verwendet werden, aber jeder andere Schuhreiniger erschien uns zu sanft.
Mit Bürsten, handwarmem Wasser und Sattelseife haben wird das Leder kräftig geschrubbt. An den behandelten Schuhen ist gut zu sehen, wo das Leder Wasser aufgenommen hat oder die Deckschicht das Leder abschirmt. Keine guten Voraussetzungen bei dem Leder etwas zu erreichen.
Wir lassen die Schuhe über Nacht mit eingesetzten Schuhspannern trocknen.
Auch die trockenen Schuhe geben nach der Reinigung kein besseres Bild ab. Die dunklen Verfärbungen sind in der Fläche etwas weniger geworden. Doch in den Gehfalten und Kratzern hat sich wenig verändert.
Schuhe entfärben
Die Aussicht darauf die Schuhe noch zu retten schwindet. Wir prüfen trotzdem, wie das korrigierte Leder auf einen Entfärber reagiert.
Mit einem Schuhputztuch und viel Entfärber reiben wir die beiden Schuhe ab. An dem Schuhputztuch ist schnell zu sehen, wie sich das Finish vom Leder löst.
Die Schuhe sind jetzt deutlich heller, die dunklen Verfärbungen weitgehend verschwunden und an einigen Stellen kommt das helle Leder zum Vorschein. Hoffnung macht das Ergebnis trotzdem nicht.
Einziehende Lederfarbe
Mal sehen, wie das entfärbte Leder auf eine einziehende Lederfarbe reagiert.
Der erste Versuch mit einem Pinsel schlägt gleich fehl. Das Leder ist so glatt, dass die Lederfarbe in Nasen herunterläuft. Nur an wenigen Stellen zieht minimal Farbe in das Leder ein.
Mit einem sehr feinen kleinen Schwamm tragen wir die Lederfarbe flächig auf die Schuhe auf. Doch auch das Ergebnis ist katastrophal. Das Leder wird fleckig und vor allen bleibt die Lederfarbe an vielen Stellen nur als Schlieren auf dem Leder haften.
Schuhcreme aus Neugierde
Rein aus Neugierde tragen wir noch etwas dunkelbraune Schuhcreme auf. An einigen Stellen werden die Schuhe etwas dunkler und lassen sich auch auf leichten Glanz polieren. An dieser Stelle brechen wir ab.
Hätten wir die Schuhe retten können?
Ja und nein? Mit Reparaturcreme, Lederfarbe, dunkleren Schuhspitzen und einigen Wachsschichten hätten wir die Schuhe für ein Foto hinbekommen. Doch tragbar, vor allem für den Alltag, wären sie nicht mehr gewesen.
Schuhe sind zum Tragen da. Schuhe nur für ein Fotoshooting optisch aufarbeiten macht für uns wenig Sinn. Unsere Anleitungen sollen eine Hilfestellung sein, um Schuhe wieder für den Alltag fit zu machen. Mit diesen Schuhen und ihren stark zerstörten „Polished Leather“ ist es nicht mehr möglich.
Auf dem folgenden Bild sind in der Seitenansicht die Probleme deutlicher zu sehen.
Zum Schluss rätseln wir nur noch darüber, wie jemand Schuhe in solch einen Zustand bringen konnte. Tragbar waren sie mit Sicherheit schon lange nicht mehr.